Ja davon kann man wohl ausgehen, denn diese Anrede klingt wirklich nicht gerade hip. Vor allem fehlt es vermutlich dem Absender etwas an lässiger Coolness. Aber in manchen Fällen ist Coolness nicht gefragt und dann ist diese Ansprache genau richtig. Wir erklären dir, wann das der Fall ist.
Sehr geehrte Damen und Herren – richtige Schreibweise und Anrede
„Sehr geehrte Damen und Herren“ ist eine Anrede, die standardmäßig in Briefen, Emails, Bewerbungen und sonstigen Anschreiben verwendet wird. Sie ist eine Art Hilfskonstruktion, wenn man nicht weiß, wen genau man eigentlich gerade anspricht. Und dafür eignet sie sich auch wirklich gut, denn man kann mit ihr nichts falsch machen – auch wenn die Formulierung zugegebenermaßen etwas veraltet klingt.
Die Herkunft
Das Wort „Dame“ macht es deutlich: Die Grußformel „sehr geehrte Damen und Herren“ stammt aus einer Zeit, in der Höflichkeitsformeln noch wesentlich wichtiger waren als heute. „Frau“ war nicht höflich genug, daher musste es „Dame“ sein. Und der Ausdruck „geehrt“ – oder noch früher, „verehrt“ – macht deutlich, dass es in erster Linie darum ging, seine Hochachtung und Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen: Ein Überbleibsel des Standesdünkels, quasi. Dass die weibliche Form zuerst genannt und jenseits der beiden Geschlechterkategorien niemand angesprochen wird, macht das ganze noch unpassender für unsere heutige, liberalisierte Gesellschaft. Doch in manchen Situationen ist der Ausdruck in Ermangelung einer besseren Alternative immer noch gängig und wird gerne genutzt.
„Sehr geehrte Damen und Herren“: Manchmal immer noch eine gute Option
Wir erklären dir, in welchen Situationen es Sinn macht, diese Anrede zu verwenden:
1. „Sehr geehrte Damen und Herren“ im Bewerbungsanschreiben
„Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit bewerbe ich mich auf die von Ihnen aufgeschriebene Stelle als …“
Das ist an Einfallslosigkeit schwer zu überbieten und wahrscheinlich inzwischen auch der Alptraum jeder:s Personalverantwortlichen. Wenn es dir möglich ist, lass dir unbedingt etwas Besseres einfallen, und wenn du den Namen der Ansprechperson doch irgendwie herausfinden kannst, tu das auf jeden Fall. Wenn in der Stellenausschreibung wirklich kein Name zu finden ist, mach dir die Mühe und ruf an! Auch wenn das zunächst umständlich erscheint, wird sich die Mühe lohnen, denn du kannst dich dann im ersten Satz auch direkt auf das Telefonat beziehen. Und das macht immer einen guten Eindruck. „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist jedoch tatsächlich die einzige seriöse Formulierung, wenn du die Ansprechperson wirklich nicht herausfinden kannst. Ein einfaches „Guten Tag“ wäre dann zwar auch denkbar, aber wenn du dich beispielsweise bei einer großen, seriösen Institution mit klaren Hierarchieebenen bewirbst, wäre diese Anrede zu salopp.
2. „Sehr geehrte Damen und Herren“ in einer förmlichen Email
Wenn du etwa eine Beschwerde an deine Hausverwaltung schreiben oder dem Arbeitsamt, dem Finanzamt oder vielleicht auch einer Zeitungsredaktion etwas mitteilen möchtest, kannst du diese Anrede verwenden. Vorausgesetzt auch hier, dass es keine klare Ansprechperson gibt oder du sie gerade nicht weißt. Bei obigen Beispielen kann man davon ausgehen, dass dein Anliegen dann intern schon richtig weitergeleitet wird. Mache dir einfach bewusst, dass diese Ansprache vor allem dazu da ist, um die Form zu wahren. Eine persönliche Note lässt sie definitiv vermissen, und das kann ja manchmal auch so gewollt sein.
3. „Sehr geehrte Damen und Herren“ in einem förmlichen Brief
Hier gilt das gleiche wie bei der Email: Hast du eine Beschwerde oder einen Hinweis an eine öffentliche Verwaltungsstelle oder sonstige größere Institution und möchtest die Form wahren, um dein Anliegen seriös rüberzubringen, ist diese Anrede genau richtig. Schreibst du noch dazu einen Brief anstelle einer Email, wirkt das ganze noch formeller und wichtiger. Briefe können vor allem nützlich sein, wenn es um rechtliche Angelegenheiten geht. Allerdings ist die Kommunikation auf dem Postweg natürlich auch langwieriger und umständlicher.
Generell gilt:
- Hinter „Sehr geehrte Damen und Herren“ gehört in jedem Fall immer ein Komma, niemals ein Ausrufezeichen oder ein Punkt. Der darauffolgende Satz beginnt dann logischerweise zwingend mit einem Kleinbuchstaben (Achtung: beliebter Fehler!).
- Wenn du nicht selbst zuerst schreibst, sondern einer Person auf eine Email oder einen Brief antwortest, kannst du dich immer daran orientieren, wie du angesprochen wurdest, und einfach dieselbe Anrede verwenden. Damit liegst du nie verkehrt.
„Sehr geehrte Damen und Herren“: Hier ist diese Anrede tabu!
Hast du es mit jüngeren Menschen und/oder kleineren Unternehmen zu tun, kannst du getrost zu anderen Formulierungen greifen. Gerade beispielsweise in der Kreativbranche ist „Sehr geehrte Damen und Herren“ nahezu ein Tabu! Denn diese Branchen bemühen sich meistens eher darum, formelle Hierarchien abzubauen und persönliche Begegnungen herzustellen, um eine kreative und effiziente Zusammenarbeit zu fördern. Schau dir also am besten etwas genauer an, mit wem du es zu tun hast. Die Selbstpräsentation auf der Website des Unternehmens verrät dir meist genug über den im Unternehmen gängigen Sprachton.
Informellere Alternativen in Email, Chat und Brief
- Guten Tag, das ist ein schöner Kompromiss: Nicht zu unnahbar, aber auch nicht zu salopp, und dabei auch noch freundlich. Je nach Tageszeit kannst du die Anrede natürlich noch abwandeln in „Guten Abend“ oder „Guten Morgen“. Wenn es allerdings sehr spät abends ist und der:die Empfänger:in deine Nachricht vermutlich erst am darauffolgenden Tag lesen wird, lass diese Option lieber weg. Und auch hier gilt: Immer mit Komma und einem Kleinbuchstaben weiterschreiben.
- Liebe:r … Diese Anrede ist recht persönlich und eignet sich daher tendenziell nur für Personen, mit denen man schon einmal einen persönlichen Austausch hatte – vielleicht gab es ein nettes Telefonat oder eine Live-Begegnung, bei der die Vibes gestimmt haben. Abgesehen davon ist das in erster Linie eher eine passende Anrede für Freunde und Familienmitglieder.
- Hallo Ein einfaches „Hallo“ ist wenig salonfähig, aber dafür klar und unkompliziert. „Hallo Herr/Frau …“, ist eine Anrede, die ohne Umschweife zur Sache kommt – ziemlich unpersönlich und dabei auch ziemlich informell. Das kann die richtige Wahl sein, wenn du einfach und unkompliziert einen Sachverhalt klären oder Informationen austauschen möchtest, ohne dass dein Verhältnis zu deinem Gegenüber in diesem Moment eine größere Rolle spielt.
- Hi/Hey ist nur im Freundes- und Bekanntenkreis angebracht. Solch eine Anrede macht es zwingend erforderlich, die angesprochene Person dann auch zu duzen.
Informellere Alternativen im Bewerbungsschreiben
Hier ist es natürlich besonders wichtig, dass du vorab genau schaust, in welchem Sprachstil das Unternehmen kommuniziert. Schau dir den Internetauftritt sorgfältig an: Wer wird hier wie angesprochen? Gibt es ausgeprägte Hierarchien? Welche Werte werden vermittelt? Wird eher auf Traditionen Wert gelegt oder auf Gleichberechtigung? Ganz entscheidend ist hier natürlich auch, wie die Stellenausschreibung selbst formuliert ist.
- Guten Tag
Auch hier ist diese Anrede ein guter Kompromiss aus Höflichkeit und persönlicher Note. Meistens keine schlechte Option.
- Hallo „Hallo Herr/Frau …“ ist im Bewerbungsanschreiben etwas gewagt. Diese Anrede suggeriert, dass du mit deiner Ansprechperson auf vollkommen gleicher Ebene stehst und außerdem auf sämtliche Höflichkeitsfloskeln von vorneherein verzichten kannst. Das kann je nach Situation durchaus ok und richtig sein, du solltest dir deiner Sache aber wirklich sicher sein, um niemanden vor den Kopf zu stoßen und deine Chancen gleich zu Anfang zu verspielen.
- Liebe:r „Lieber Herr …“ oder „Liebe Frau …“ ist für ein Bewerbungsschreiben eher zu persönlich. Es sei denn, du kennst die Person, die du anschreibst, wirklich aus irgendeiner Begegnung persönlich und bist dir sicher, dass ihr euch beide sympathisch findet. Aber generell gilt: Diese Ansprache bei einer Bewerbung besser nicht verwenden.
Mehrere Ansprechpersonen nennen
Möchtest du zwei oder noch mehr Personen ansprechen, deren Namen dir bekannt sind, kannst du sie – jeweils mit Komma getrennt – nebeneinander oder untereinander schreiben (bei mehr als zwei Personen empfiehlt es sich, die Namen untereinander zu schreiben):
Sehr geehrter Herr X,
sehr geehrte Frau Y,
sehr geehrte Anwesende,
…
Achtung: Wer dabei zuerst genannt wird, darüber entscheidet aber in diesem Fall nicht das Geschlecht, sondern die hierarchische Position, die die Person einnimmt. Also der Chef wird vor der Sekretärin genannt, die Hochschulprofessorin vor dem Dozent.
Was ist mit akademischen Titeln?
Wo wir gerade beim Thema sind: Akademische Titel sollten – sofern sie dir bekannt sind – in einer förmlichen Anrede stets genannt werden, denn sie sind ein Bestandteil des Namens. Sie wegzulassen, wäre unhöflich. Das gilt allerdings nur ab dem Doktorgrad: Diplom, Magister, Master und Bachelor können weggelassen werden. Wenn eine Person zwei akademische Titel hat, wird der höhere zuerst genannt, wobei Professor mit „Prof.“ und Doktor mit „Dr.“ abgekürzt wird.
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. XY,
…
Es reicht in der Regel aber auch aus, nur den höchsten akademischen Titel zu nennen.
„Sehr geehrte Damen und Herren“ in anderen Sprachen
Wir leben in einer globalisierten Welt und daher macht es immer Sinn, sich im beruflichen wie im privaten Kontext einige Grundkenntnisse in anderen, gängigen Sprachen anzueignen – das gilt auch für viel benutzte Fachwörter und gängige Floskeln. Auch wenn du nicht das gesamte Anschreiben in der entsprechenden Sprache verfassen kannst, kommt es doch gut rüber, wenn du dies wenigstens bei der Ansprache tust. Das zeigt, dass dir trotz Sprachbarriere an einer guten Kommunikation und gegenseitigem Verständnis gelegen ist.
- Sehr geehrte Damen und Herren: Englisch
„Dear Sir or Madam“ (noch formeller: „To whom it may concern“ – dt. etwa „wen es betrifft“) - Sehr geehrte Damen und Herren: Türkisch
„Sayın ilgili“ - Sehr geehrte Damen und Herren: Französisch
„Mesdames et Messieurs“ - Sehr geehrte Damen und Herren: Spanisch
„Apreciados senores míos“ - Sehr geehrte Damen und Herren: Italienisch
„Gentili signori“ - Sehr geehrte Damen und Herren: Polnisch
„Szanowni Państwo“
Informellere Alternativen im Englischen
Nicht immer möchte man im Englischen die förmlichste Art wählen, um jemanden schriftlich anzusprechen. „Dear Mr/Ms …“ – wörtlich übersetzt „Lieber Herr/liebe Frau …“ – ist die allgemein übliche und formell korrekte Anrede in Brief und Email. Dabei werden Frauen immer mit „Misses“ (Ms) angesprochen; „Miss“ – was unserem deutschen „Fräulein“ entspricht – ist hier wie dort unüblich geworden. Achtung: Die Abkürzungen für „Mister“ und „Misses“ (Mr/Ms) werden übrigens immer ohne Abkürzungspunkt geschrieben!
Gerade Amerikaner:innen sind bekanntlich schneller beim Vornamen als etwa Europäer:innen es gewohnt sind. Trotzdem solltest du nicht mit der Tür ins Haus fallen und die Person immer lieber erstmal mit dem Nachnamen ansprechen, gerade im beruflichen Kontext.
Unterschiede zwischen den USA und Großbritannien
Wenn du nicht nur einen, sondern mehrere Menschen auf eine eher informelle Art und Weise ansprechen willst, schreibt man in Großbritannien „Dear people“ oder „Dear all“. In den Vereinigten Staaten hat sich ein eher saloppes „Hi there“ etabliert.
Ein weiterer wichtiger Unterschied: Das Komma hinter der Anrede ist in Großbritannien optional. In jedem Fall wird jedoch der Haupttext mit einem Großbuchstaben begonnen. In den USA hingegen setzt man immer ein Komma hinter der Anrede, und manchmal auch einen Doppelpunkt. Auch hier geht es dann in jedem Fall danach mit einem Großbuchstaben weiter.
Was ist die coolste Ansprache?
Fun Fact: Wusstest du, dass sich die Sprache am schnellsten bei der persönlichen Ansprache weiterentwickelt und die regionalen Unterschieden hier am größten sind? Kein Wunder – bei einem Wort, das so häufig genutzt wird wie „Hallo“ kann einem ja auch schnell mal langweilig werden. Wir sagen Hi, Heyho, Hallöchen, Servus, Salut, Gruezi, Moinsen, Tach auch, Gude, Ciao, Grüß Gott, Tagchen, Ahoi und Huhu. Um nur einige zu nennen. Wir sind gespannt, wie es weitergeht.